Hindemith

Hindemith
Hịndemith,
 
Paul, Komponist, * Hanau 16. 11. 1895, ✝ Frankfurt am Main 28. 12. 1963; studierte am Dr. Hoch'schen Konservatorium in Frankfurt am Main Komposition bei A. Mendelssohn und Bernhard Sekles (* 1872, ✝ 1934), Violine bei A. Rebner, war 1915-23 Konzertmeister des Frankfurter Opernhauses, 1922-29 Bratschist im Amar-Quartett, ab 1927 Lehrer für Komposition an der Berliner Musikhochschule. Nach dem Boykott seiner Werke durch die nationalsozialistische »Kulturgemeinde« verließ Hindemith ab 1935 Deutschland jährlich zu längeren Aufenthalten in der Türkei, wo er im Auftrag der Regierung an der Organisation des Musiklebens beteiligt war. 1937 trat er von seinem Berliner Amt zurück, lebte ab 1938 im Kanton Wallis (Schweiz), übersiedelte 1940 in die USA (1946 amerikanischer Staatsbürger) und lehrte 1940-53 an der Yale University in New Haven (Connecticut), 1951-57 an der Universität Zürich, ließ sich 1953 in Blonay (Kanton Waadt) in der Schweiz nieder und unternahm als Dirigent weltweite Konzertreisen.
 
Die musikgeschichtliche Stellung Hindemiths, der schon seit den frühen 20er-Jahren als einer der Bahnbrecher der Moderne galt, ergab sich aus seinem Ausbruch »aus konservativer Schulung in eine neue Freiheit«. Mitbegründer und Haupt der Donaueschinger Kammermusikfeste (1921-26), verband er elementares Musikantentum mit handwerklicher Meisterschaft und fand zu einer eigenen expressiven und doch vom Ordnungswillen durchherrschten Tonsprache, die stets jenseits aller aktuellen Moden stand. Seine Abkehr von der Dur-Moll-tonalen Harmonik führte ihn nicht zur Atonalität, sondern zu einer auf experimentellem Wege gefundenen Neuordnung der 12 chromatischen Töne. Immer unzeitgemäß, distanzierte er sich von den Forderungen der Neuen Musik ebenso scharf wie (nach den 20er-Jahren) von den Radikalismen seiner Jugendwerke und bezeugte ein zunehmendes Streben nach transzendentalem Ausdruck der Musik (»Die Harmonie der Welt«) nicht nur in seinen Kompositionen, sondern auch als Interpret (u. a. A. Bruckners).
 
Werke: Opern: Mörder, Hoffnung der Frauen (1921; O. Kokoschka); Sancta Susanna (1922); Cardillac (1926, Neufassung 1952; F. Lion und E. T. A. Hoffmann); Neues vom Tage (1929, Neufassung 1953); Mathis der Maler (1938); Die Harmonie der Welt (1957); The long Christmas dinner (1961; T. Wilder; deutsch Das lange Weihnachtsmahl).
 
Ballette: Der Dämon (1923); Nobilissima visione (1938); Hérodiade (1944).
 
Orchesterwerke: Konzert Opus 38 (1925); Konzert für Streichorchester und Blechbläser Opus 50 (1930); Philharmonisches Konzert (1932); Sinfonie »Mathis der Maler« (1934); Sinfonische Tänze (1937); Sinfonie in Es (1940); Sinfonische Metamorphosen über Themen von C. M. von Weber (1943); Sinfonia serena (1946); Sinfonietta in E (1950); Sinfonie in B für Blasorchester (1951); Sinfonie »Die Harmonie der Welt« (1951); Pittsburgh Symphony (1958); Marsch über einen alten Schweizerton (1960).
 
Konzerte für Violine (1939), Violoncello (1940), Klavier (1945), Klarinette (1947), Horn (1949), Holzbläser und Harfe (1949), Trompete und Fagott (1949).
 
Kammermusik: 6 Streichquartette (1919-45); 2 Streichtrios (1924; 1933); Bläserseptett (1948); Oktett (1958); Sonaten für 4 Hörner (1952), für Violine, Viola, Violoncello, Flöte und Oboe.
 
Klaviermusik: Suite 1922 (1922); Klaviermusik Opus 37 (1925-27, 2 Teile); Sonate zu 4 Händen (1938); Ludus tonalis (1942); Sonate für 2 Klaviere (1942).
 
Chorwerke: Das Unaufhörliche (1931; G. Benn); When lilacs last in the door-yard bloom'd (1946; W. Withman); Messe (1963).
 
Gesänge: Die junge Magd (1922; G. Trakl); Das Marienleben (1922/23, Neufassung 1936-48; R. M. Rilke); La belle dame sans merci (1942).
 
Schul-, Spiel- und Lehrwerke: Lehrstück (1929; B. Brecht); Wir bauen eine Stadt (1930); Plöner Musiktag (1932).
 
Schriften: Unterweisung im Tonsatz, 3 Bände (1937-70); A concentrated course in traditional harmony, 2 Bände (1943-48; deutsch Band 1: Aufgaben für Harmonieschüler, Band 2: Harmonieübungen für Fortgeschrittene); A composer's world (1952; deutsch Komponist in seiner Welt); Johann Sebastian Bach (1950).
 
Ausgabe: Sämtliche Werke, herausgegeben von K. von Fischer und anderen, auf zahlreiche Bände berechnet (1975 folgende); Briefe, herausgegeben v D. Rexroth (1982).
 
 
H. Strobel: P. H. (31948);
 A. Briner: P. H. (Zürich 1971);
 E. Zwink: P. H.s Unterweisung im Tonsatz als Konsequenz der Entwicklung seiner Kompositionstechnik (1974);
 
Erprobungen u. Erfahrungen. Zu P. H.s Schaffen in den 20er Jahren, hg. v. D. Rexroth (1978);
 G. Schubert: P. H. In Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten (1981);
 D. Neumeyer: The music of P. H. (New Haven, Conn., 1986);
 
P. H. Leben u. Werk in Bild u. Text (Zürich 1988).
 
Periodikum: H.-Jb. (1971 ff.).

Universal-Lexikon. 2012.

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